Tri-As Duo beim Double Ultra Triathlon Germany

von Hermann Aschwer

“Zweimal Hawaii ist wie einmal Emsdetten“

Der Ironman ist nicht der längste Triathlon der Welt. Es gibt Wettbewerbe bis hin zur zwanzigfachen Langdistanz. Bereits die Langdistanz bedeutet für die Teilnehmer 3,86 km schwimmen, 180 km Rad fahren und 42,195 km laufen, für die meisten anderen bereits eine unglaubliche Vorstellung.

Wem die Distanz zu kurz ist, der misst sich in extremeren Dimensionen, wie am vergangenen Wochenende die beiden Tri-As Hamm Athleten Michael Zarth und Detlef Gräwe bei Deutschlands einzigem Doppel-Ultra-Triathlon in Emsdetten. Dabei waren 7,6 km im Emsdettener Freibad zu schwimmen, 360 km auf dem Rad und am Ende einen doppelten Marathon mit 84,4 Kilometern laufend zu absolvieren, eine gigantische Strecke von insges. 452 Kilometern mussten aus eigener Muskelkraft nonstop ohne Schlaf zurückgelegt werden.

Schon Monate vor dem Start war die Veranstaltung ausverkauft. Nach einigen verletzungsbedingten Absagen begaben sich am 13. Juni um 07.00 Uhr 49 Athleten an den Start, von denen insgesamt 42 das Ziel erreichten, darunter auch die beiden Hammenser: Michael Zarth als insgesamt 23. nach 29:07 Stunden und Detlef Gräwe als 36. nach 32:21 Stunden. Beide unterboten damit die Maximalzeit von 34 Stunden, teils beträchtlich.

Dem 47-jährigen Michael Zarth ging es bei dieser nur von wenigen absolvierten Distanz über insgesamt 452 km darum, sein physisches Ausdauervermögen – welches er bereits über die normale Ironman Distanz von 226 km mehrfach erfolgreich bewiesen hat – zu erweitern und gleichzeitig den psychisch-mentalen Bereich neu zu erleben. „Was geht eigentlich im Kopf vor sich, wenn man sich so lange körperlich belastet“, lautete die spannende Frage für den stellvertretenden Tri-As Vorsitzenden. Und er gab selbst die Antwort. Für Zarth war es ein „unbeschreibliches Erlebnis“. Eines, das minutiös haften geblieben ist. „Ich kann mich noch an alle Hochs- und Tiefs während der 29 Stunden erinnern“ berichtet Zarth später. Dass ein Doppelter-Ultratriathlon auch ein „meditatives Erlebnis“ sein kann – und für ihn exakt auch war -  bestätigt er mit großer Freude. „Natürlich auch ein körperliches“, sagt Zarth, als sei eine Ironman-Triathlondistanz von 226 km die normalste Sache der Welt und die Doppeldistanz lediglich ein Handicap. Ja, seine intensive halbjährige Vorbereitungszeit und das ausdauernde Training waren wohl richtig gewählt, da tags drauf keinerlei körperliche Probleme – nicht einmal Problemchen – zu verzeichnen waren.

Die Veranstaltung in Emsdetten begann um 7 Uhr mit der Schwimmdisziplin. 7600 m Schwimmen im Neoprenanzug bedeuteten 152 Bahnen im Freibad. Hier waren bereits erste Kurzstopps zwecks Nahrungsaufnahme notwendig. Exakt im 2 Minuten Rhythmus zog Michael Zarth seine Bahnen wie geplant und konnte bereits nach nur 2:34 Stunden mit einem Lächeln das Becken unter dem Jubel seiner Arbeitskollegen, die zum Anfeuern bereits vor Ort waren, verlassen um sich dem 1. Wechsel zum Radfahren zu widmen.

Detlef Gräwe, der seit Langem auf den Ultra-Distanzen insbes. bei Laufveranstaltungen unterwegs ist, folgte ihm nach 3:01 Stunden und war ebenfalls sehr zufrieden mit der Auftaktdisziplin. 76 Radrunden a 4,73 km standen als zweite Disziplin an. Insbes. hierbei wurde jeder Athlet von seinem eigenem Team betreut und verpflegt; Zarth durch seine Ehefrau und ebenfalls Triathletin Bettina und den erfahrenen Vereinsvorsitzenden Hermann Aschwer, der bereits 1991 in Lelystadt/ Holland einen Double Triathlon gefinisht hat. Gräwe durch den Vereinskollegen Frank Keil, der ihn schon vor 2 Jahren über die Strecke begleitet hatte.

Insbes. für den starken Radfahrer Zarth hieß es nun, sich zurückzuhalten, um die noch nie absolvierten 360 km möglichst gleichmäßig über die Runden zu bringen und Kräfte für das Laufen zu sparen.

Bis auf einen ca. zweistündigen Regenabschnitt und auffrischenden Wind spielte das Wetter mit. Für jeden Triathleten ist besonders diese zweite Disziplin eine Geduldsprobe. Einerseits kann man deutlich schneller Rad fahren, andererseits stehen im Anschluss noch 2 volle Marathonläufe auf dem Programm.

Unter großer Teilnahme vieler Vereinskollegen des Tri-As Hamm und Freunde, die den Weg nach Emsdetten in den zwei Tagen teilweise sogar mehrfach gesucht hatten, um ihre Athleten moralisch zu unterstützen, zeigte Zarth Stärke. Für die ersten 180 km belohnt er sich mit einem Sekunden dauernden Kurz-Stopp, d.h. einer „Kusspause“ bei seiner Frau, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und absolvierte die Runden im Mittel in 10:65 Minuten. Seine Radzeit betrug schließlich 13:31 Stunden, was eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 26,7 km/h entspricht und einer wie geplanten durchschnittlichen Pulsfrequenz von 97. Gerade rechtzeitig vor dem Dunkelwerden konnte er den 2. Wechsel zum Laufen vollziehen.

Gräwe benötigte im Mittel 12:20 min pro Radrunde, hatte aber große Schwankungen dabei zu verzeichnen, sowie einen Sturz und Problemen mit der Nahrungsaufnahme. Vor allem die letzten Runden bereiteten dem Betreuer Frank Keil arge Sorgen, da nach insgesamt 19 Stunden sowohl die Schwimm- als auch Raddisziplin absolviert sein mussten, wenn man nicht aus dem Rennen genommen werden wollte. Nach insgesamt 18:36 Stunden konnte Gräwe sein Rad abstellen. Sein Radspilt betrug damit 15:27 Stunden bei durchschnittlich 23,2 km/h.

Jetzt begann wohl für alle Triathleten der letzte und schwierigste Part: 2 Marathonläufe nacheinander auf einer nur 1,414 km langen beleuchteten Laufrunde waren „als Dessert“ noch zu absolvieren. Hier war insbes. mentale Stärke gefragt, bei Nacht, nach mehr als 17 Stunden Dauereinsatz noch auf die Laufstrecke zu gehen, das richtige Timing galt es für jeden zu finden. Zarth bevorzugte eine längere 2. Wechselphase von ca. 20 Minuten, um sich warm zu duschen und dann im Wechsel mit Laufen und schnellem Gehen dem ersten Teilziel 42,195 km näherzukommen. Wohl die richtige Strategie für ihn. Nach 6:05 Stunden hatte er diesen wichtigen Abschnitt erreicht.

Detlef Gräwe wählte bei seinem Lauf einen extrem kleinen Laufschritt und erreichte den ersten Marathonpunkt nach 6:39 Stunden.

Motivationstipps der Helfer waren nun gefragt, falls der Athlet dafür ansprechbar war. Michael Zarth ließ sich auch bei Nacht hierdurch immer wieder aufs Neue inspirieren, war gut gelaunt, hoffnungsvoll und sah mit großer Vorfreude dem Ziel nach 452 Kilometern entgegen.

Gräwe sprach eher auf die aufmunternden Worte des Publikums und des Speakers an.

Die letzte Runde von 1,414 km durften dann die Triathleten in Begleitung ihrer Helfer zurücklegen. Bewegende Momente für Läufer und Helfer. Michael Zarth lief überglücklich gemeinsam mit seiner Frau Bettina und dem Tri-As-Vorsitzenden Hermann Aschwer , die 29:07 Stunden mitgefiebert haben, ins Ziel. Mittlerweile war es 12:07 Uhr am darauffolgenden Tag. Für den 2. Marathonlauf hatte er 6:24 h benötigt.

Detlef Gräwe erreichte mit seinem Betreuer Frank Keil, sowie Ehefrau Gertrud und Tochter Wibke nach weiteren 7:07 Stunden für den 2. Marathonlauf mit insgesamt 32:21 Stunden das lang ersehnte Ziel in Emsdetten.

Zarth freut sich nun schon auf die Langdistanz in 4 Wochen in Roth, bei der wieder mehrere Tri-As’ler an den Start gehen werden. Gräwe ist für einige Ultra- und Marathon-Veranstaltungen gemeldet.

 

 

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