Race the Legend - Tri-As Hamm mit großem Aufgebot beim Challenge Roth Triathlon

von Bettina Zarth

Roth. Es ist Sonntag, der 12. Juli 2015, 6.30 Uhr in der Früh. Ein lauter Knall zerreißt die mit zwölf Grad noch frische Sommerluft am Main-Donau-Kanal. Es ist der Startschuss zum Challenge Roth Triathlon, abgegeben von Bundesjustizminister Heiko Maas. Er ist einer der knapp 2000 Staffelteilnehmer und 3440 Einzelstarter aus mehr als 60 Nationen, die sich der ultimativen Herausforderung von 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und 42 Kilometern Laufen stellen.

Die Challenge Roth im Frankenland ist die vermutlich traditionsreichste Langstrecken-Triathlon-Veranstaltung in Deutschland. Früher Ironman-Wettbewerb, aber seit 2002 unter einem anderen Label firmierend, ist für alle Ausdauerathleten die Teilnahme irgendwann ein Muss.

Bei der 31. Auflage dieses Rennens über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen gingen gleich 10 Athleten des Tri-As Hamm an den Start: Gregor Mitlewski, Gerald Pietsch, Mirco Hammerl, Bernhard Langerbein, Michael Voss, Bettina und Michael Zarth als Einzelstarter, sowie Christina Trempler, Stephan Rohmann und Rene Westrup als Staffel.

Zuerst mussten sich alle im nassen Element beweisen. Trotz mehrere Startwellen schien der Kanal nur noch aus umherwirbelnden Armen und im gischtenden Wasser tanzender Köpfen zu bestehen, wobei unfreiwillige Kollisionen zwingend einzukalkulieren sind. Was Wunder also, dass viele diese Disziplin als ihre am wenigsten geliebte bezeichnen. Nicht so jedoch die Tri-As‘ler, für deren Staffel sich Christina Trempler  in die Fluten stürzte und die sämtlich nur dem Startschuss entgegen gefiebert hatten. Ohne jegliche Verschnaufpause ging es dann aufs Rad, nachdem zig Helfer den Athleten aus dem Wasser und dem Neoprenanzug geholfen hatten. Nach Startnummer wohlgeordnet standen sie da, die früher aus Stahl, nun aus Aluminium und Karbon bestehenden, durchgestylten Rennmaschinen. Die Rahmen der meisten waren mit Energieriegel und Getränkeflaschen reich bestückt, was bei den erwarteten 34 Grad und böigem Wind unerlässlich war. Wer dabei erwischt wurde, dass er seinen Abfall außerhalb der Wechselzonen oder Versorgungsstellen entsorgt, wurde sofort disqualifiziert. Auch das Windschattenfahren wurde nicht nur mit einer fünfminütigen Zeitstrafe, sondern zusätzlich einer Strafrunde auf der Laufdistanz rigoros geahndet.

Bei wummernden Beats in die Pedale treten

Die zweimal zu bewältigende Radrunde erreichte ihren ersten Höhepunkt am Kalvarienberg in Greding. Dort wurde den Iron-Männern und -Frauen auf mehr als zweieinhalb Kilometern mit einer Steigung von bis zu zehn Prozent in mittlerweile brütender Hitze einiges abverlangt. Aber überall wurden die Athleten von den Abertausend an der Strecke jubelnden Zuschauern unterstützt. Dann kam es am Ende jeder Runde in Hilpoltstein zum absoluten Showdown: dem Solarer Berg, Herz und Stimme dieser unglaublichen Veranstaltung. Ein wogendes, brodelndes Menschenmeer, eine Wand steht hier dicht an dicht, es schien kein Durchkommen für die Athleten auf ihren Rädern zu geben. Gefühlt nur Sekunden vor dem Aufstieg teilt sich die Menge und stimmt mit unter die Haut gehenden Beats sowie einer ohrenbetäubende Geräuschkulisse ein rhythmisches Crescendo an, das die Athleten schier den Berg hinauf trug bis die Oberschenkel glühten. Spätestens hier wusste jeder Teilnehmer, warum die Veranstaltung ein Muss für jeden Triathleten ist.

Nicht nur diese Euphorie wurde jedoch insbes. in der zweiten Radrunde auf eine harte Probe gestellt. Denn auch die vermeintlich flachen Passagen und die Abfahrten, auf den man es eigentlich „kesseln“ lassen kann brachten keine wirkliche Erholung mehr, die Bedingungen laugten die Athleten wegen der stetig steigenden Hitze und dem mittlerweile starken Wind aus, was auch der deshalb zum Ausstieg gezwungene Gerald Pietsch und der für die Staffel „nur“ radelnde Stefan Rohmann später bestätigte. „Es war bei den Bedingungen kaum möglich, auf der 2. Runde noch den Schnitt der ersten zu halten. Viele hatten mit Krämpfen zu kämpfen. Und ständig sah man Teilnehmer nur noch erschöpft im Gras liegen.“ Auch Mirco Hammerl holte ein kurz zuvor aufgetretener Infekt mit Kreislaufproblemen ein, Mitlewski, Langerbein und Bettina Zarth quälten sich mit krampfenden Oberschenkeln.

Spätestens auf der Laufstrecke war dann insbes. auch mentales „Doping“ durch rund 260.000 Zuschauer und insbes. die mitgereisten Vereinsmitglieder und Familien entscheidend. Immerhin sollte auch noch ein Marathon bewältigt werden. War es in dem kurzen Waldstück noch kühl und schattig, verlangt die Strecke am Kanal den ohnehin schon gezeichneten Sportlern alles ab. Wie gut, dass an der Strecke die Helfer fleißig dafür sorgen, dass die leeren Energiespeicher mit verschiedenen Getränken und Bananen oder Energieriegeln aufgefüllt werden können, soweit dies überhaupt noch möglich war. Rund 10.000 Zuschauer mehr als im Vorjahr wurden gezählt. Und unglaubliche 6000 Helfer waren im Einsatz - so viele wie noch nie zuvor in Roth. Trotzdem aber entstand besonders auf den langen Geraden der übermächtige Eindruck, überhaupt nicht vorwärtszukommen. Darüber hinaus sorgten die staubigen Wege dafür, dass sich die Haut allmählich mit einer dünnen, weißen Schicht überzog und der Mund austrocknete. Strapazen, die viele fast nur noch gehen ließen. Umso mehr freuten sich Michael Voss, Bernhard Langerbein und Bettina Zarth, dass sie dennoch den Marathon laufend in solider Zeit absolvierten. Michael Zarth, der vor 4 Wochen bereits die doppelte Langdistanz in Emsdetten gefinisht hatte, entschied sich frühzeitig, Geschwindigkeit herauszunehmen, lief auf den zeitweise gehenden Mirco Hammerl auf und beide erreichten zusammen das Ziel. Gregor Mitlewski trug seinen „schlimmsten“ Marathon mit Fassung und wurde 20 Minuten nach dem Zieleinlauf mit dem legendären Feuerwerk in Roth belohnt.

Der Läufer der Tri-As-Staffel, Rene Westrup, der kurzfristig für die verletzungsbedingt leider ausgefallene Alina Reffelmann eingesprungen war, schaffte den Marathon ohne Vorbereitungstraining in 04:16:27 h.

Die dabei waren, lernten im Laufe eines langen (Wettkampf-)Tages alle emotionalen Höhen und Tiefen kennen. Als Athlet genauso wie als Betreuer, Helfer oder Zuschauer. Der Datev Challenge Roth ist allen unter die Haut gegangen.

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